RAIL INSPECTION || Jens Bertrand
20. Jan 2022 11:43

Nach der Umrüstung ist vor der Umrüstung!

Änderungen an Bestandsfahrzeugen nach den Regularien des 4. EP.

Von: Jens Bertrand

Bewertung gemäß IOP-Richtlinie (EU) 2016/797

Die Umrüstung an den GSM-R Zugfunkgeräten mit störfesten Funkmodulen ist im vollen Gange.

Halter, Betreiber und ECM haben dadurch erste Erfahrungen mit den genehmigungsrechtlichen Aspekten des 4. EP gemacht. Soweit die Umrüstung Fahrzeuge betrifft, die nur in Deutschland verkehren, hat das Eisenbahn-Bundesamt gemeinsam mit dem VDV den betroffenen Akteuren bei der „Mitteilung/Unterrichtung über Änderungen gemäß Artikel 16 Absatz 4 der Durchführungsverordnung (EU) 2018/545 der Kommission“ eine aus meiner Sicht lobenswerte Unterstützung in das neue genehmigungsrechtliche Umfeld gegeben. Auch ein Komponentenhersteller hat die Betreiber seiner Geräte gut vorbereitet und mit den erforderlichen komponentenseitigen Nachweisen versorgt.

Bei Fahrzeugen, die aufgrund ihres Verwendungsgebietes nicht nur in Deutschland eingesetzt werden, erfolgt die Unterrichtung zentral über einen bei der ERA separat zu beantragenden „Workspace / Notification 16.4“, nicht zu verwechseln mit dem One Stop Shop (OSS).

Spätestens jetzt wird dem „Unterrichtenden“ klar, dass der Vorgang nicht mit einem Formularvordruck bearbeitet ist. Schnell stellen sich auf Fahrzeugebene Fragen nach:

 

  • dem „Requirements capture“ und die dafür anwendbaren Methoden
  • Bewertungen gemäß Artikel 21 Abs. 12 der Richtlinie (EU) 2016/797 und
  • Kategorisierungen nach Artikel 15 Abs. 1 DVO 2018/545.

 

Um die dafür notwendigen Nachweise zu erarbeiten, ist neben der sicheren Anwendung von Risikomanagementverfahren gemäß CSM-RA ein gutes Verständnis der genehmigungsrechtlichen Anforderungen des 4. EP zwingend notwendig. Dabei steht schon heute fest, dass die Umrüstung an den GSM-R Zugfunkgeräten mit störfesten Funkmodulen nur der Einstieg in die kommenden und technisch notwendigen Umrüstungen an den Bestandsfahrzeugen ist.

Neben der schon heute aktuellen Aus- und Nachrüstung von Fahrzeugen mit ETCS zeichnet sich die Ablösung von GSM-R durch Future Railway Mobile Communication System (FRMCS), ein auf 5G Standardisierung basierendes paketvermittelndes System, ab. Gemäß veröffentlichten Zeitplänen zur Migration von FRMCS in diversen Publikationen [1] wird deutlich, dass ab Ende 2022 erste FRMCS-Pilotprojekte starten und der Parallelbetrieb GSM-R und FRMCS 2025 beginnt, da zwischen Februar 2034 und Dezember 2036 GSM-R auslaufen soll.

Für alle betroffenen Akteure wird deutlich, dass es keine Schonfrist gibt. Hier hilft nur die ersthafte Auseinandersetzung mit den genehmigungsrechtlichen Anforderungen, die bei Änderungen von Bestandsfahrzeugen zu erfüllen sind.

Nur wer sich proaktiv den neuen Herausforderungen stellt wird in der Lage sein sich frühzeitig eine Zusammenarbeit mit den dafür erforderlichen (und geeigneten) Stellen wie DeBo, NoBo und AsBo/UBS zu sichern. Bei der zu erwartenden Anzahl an erforderlichen Umrüstungen bleibt keine Zeit „sich zurückzulehnen“ sonst greift die Weisheit: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit!“.

Sollten Sie dazu weitere Fragen haben, freue ich mich wie immer gern über Ihre Kontaktaufnahme.

 

 

 

[1] siehe hierzu u.a. „Herausforderungen bei der Migration von GSM-R zu FRMCS“; Potthoff, B.; Döring, S.; Becka, M.; Lossau, S.; Signal+Draht 3/2020